Was kann Kunst im Kontext Fehler?

Fehler entstehen wenn Erwartung und Wirklichkeit sich voneinander unterscheiden. Solange die Erwartung die Wirklichkeit trifft (und umgekehrt) empfinden wir es als gelungen oder bemerken es gar nicht. Wenn aber Erwartung und Wirklichkeit nicht zusammenpassen, wollen wir das ändern. Meist soll dies schnell geschehen, damit wir aus dem unangenehmen Gefühl des Fehlers hin zum normalen Gefühl gelangen können.

Oft geht die schnelle Fehlerbereinigung zu Lasten der Entwicklungsmöglichkeiten oder/und der Qualität. „Es“ wird schnell korrigiert und dann weiter. Auswirkungen sind die Wiederholung des Fehlers, die Zunahme von ineffizienter Geschwindigkeit und der Verlust an präziser Wahrnehmung.

Wir plädieren dafür, den Bruch zwischen Erwartung und Wiklichkeit zu nutzen, indem ein temporäres Atelier eingerichtet wird. Dort wird der Fehler als Material wahrgenommen, analysiert, die Bestandteile sortiert und andere Materialien hinzugenommen, um neuartige Arbeiten zu kreieren. Am Ende des Ateliers steht die Ausstellung mit mehreren Werkstücken.

Was kann Kunst in (virulenten) Konflikten?

1. Freiraum schaffen/Druck reduzieren. Künstlerisches Handeln kann in Konflikten „Blasen“ der Entrückung vom Druck der Realität schaffen. Sie erinnert dabei an die Möglichkeit von Schönheit, Harmonie und Ordnung. Die durch die Krise entstandenen Häßlichkeiten, Dystopien und Unordnungen werden für Momente aufgehoben und der Mensch kann entspannen.

2. Das Unsichtbare sichtbar machen. Hier übernimmt Kunst eine aktivierende Funktion. Sie kann schwelende Krisen thematisieren und Unterdrücktes laut werden lassen. Hier hat künstlerisches Handeln zum Ziel, „Blasen“ zu öffnen und die Wunden frei zu legen.

3. Die eigene/andere Identität kennen. Durch individuelle Gestaltungsprozesse kann künstlerische Praxis die Einzigartigkeit eines jeden Menschen, einer jeden Situation und eines jeden Momentes herausarbeiten. So kann in Krisen ein Gegengewicht zur konfliktsuchenden Gruppenbildung geschaffen werden.

4. Die Wahrnehmung erweitern. Künstlerische Interventionen können die Aufmerksamkeit verschieben. Sie haben das Potenzial, den Wahrnehmungszustand von Einzelnen oder von Gruppen zu erweitern und so die Konzentration auf den Konflikt zu lösen.

 

Wie können kunstferne Organisationen künstlerische Herangehensweisen kennenlernen und nutzen?

In diesem, vom NRW Landesbüro für freie darstellende Künste, geförderten Forschungsprojekt, gingen wir 2019 der Frage nach, wie kann Kunst an kunstfernen Orten (in diesem Fall Robotik und Lagerlogistik) wirkungsvoll sein und welche Kontaktflächen können hier entstehen. Wir suchten Experten:innen aus diesen Bereichen auf und führten Interviews zu den Begriffen Wärme, Präsenz und Inspiration. Im Atelierstudio schrieben und zeichneten wir dann hinterher zu dem Gedankenaustausch und entwarfen kleine performative Aktionen.

Uns bewegten Fragen nach den Funktionsweisen und Wirkungen effektiv-effizienter Systemen in diesen, uns sehr fremden Bereichen. Wie funktioniert Effektivität? Wie können effektiv-effiziente Systeme überhaupt beschrieben werden? Dem gegenüber gingen wir den Fragen nach, ob Kunst ein ineffektives System ist und ob eine „künstlerische Effektivität“ beschrieben werden kann? Und wenn ja, wie? Wie kann Kunst in den Systemen des digitalen Wandels und der Lagerlogistik wirken? Warum, und wenn ja wie, sollen Unternehmen der IT und der Lagerlogistik mit uns Künstler:innen kooperieren?

Die Suchbewegung in den Interviews und dann die Filterung in der anschließenden Auswertung des akustischen Materials, ergaben fünf Begriffe, die die Substanz und das Potenzial zeigen, wie (unser) Kunstschaffen mit kunstfernen Arbeitssektoren unserer Gesellschaft ins Gespräch und in den Austausch gebracht werden kann: Wärme, Kontakt, Präsenz, Tempo und Raum.

 

Wie arbeiten Künstler:innen zusammen?

Mit breaking fresh ground haben wir einen (Zeit-) Raum für Austausch, Vertiefung, Reflexion und Inspiration geschaffen. Dieses mehrtägige Interaktionsfeld schafft für Künstler:innen und Akteur:innen unterschiedlicher Disziplinen einen Rahmen, im gemeinsamen Experimentieren, einem Retreat,- oder Austauschbedürfnis nachzugehen.

Als Einladende geben wir eine orientierende Struktur und tragende Fragen. Aber keine Moderation im Workshop- oder Seminarsinne. Wir verstehen diesen Raum als Möglichkeit, unbekannte und bekannte Menschen, ihre Sprache, ihre Ansätze und ihre Erfahrungen auf dem Feld der Kunst und der sozialen Skulptur kennenzulernen. Wir forschen im gemeinsamen Handeln und handeln im gemeinsamen Forschen. Reibung und Neuverbindung kann entstehen. Folgende Fragen sind unser Boden: Was passiert durch unser Zusammenkommen? Wie entsteht wesentlich Neues? Was bedeutet es in unserem Kontext zu „pflügen“? Und wie können wir unsere Kräfte und Aktivitäten dafür bündeln?